Kanban
Das Buch führt von den Wurzeln der Kanban-Methode über Erfahrungskonzepte, die Anpassung der Konzepte aus der Industrie an die moderne Wissensarbeit, bis hin zu Learnings aus den „ersten Jahren“. Es erzählt von Praktiken, Prinzipien und Werte der Kanban-Methode anhand realer Fallstudien, zeigt kritische Elemente eines erfolgreichen organisatorischen Wandels und stellt das Kanban-Reifegradmodell vor.
Im Großen und Ganzen funktioniert es gut, die Theorie der Methode anhand einiger Praxisanekdoten (wieder) kennen zu lernen. Es geht nicht nur um die abstrakte Vorgehensweise, sondern auch um mögliche (psychologische) Widerstände. Solche Widerstände aller Arten von Stakeholdern kennen alle, die Projekte managen – hier gibt es ein paar Ideen und valide Hintergründe, so dass man der (eigenen) Lösung näher kommen kann.
Auch interessant: Die Erläuterung zu evolutionärem Vorgehen – mit Giraffe Fred – mit Verweis auf Antifragilität und Robustheit, was man durchaus mal gegenüber Effizienzstreben und rational vorgegebenen Prozessen nutzen kann. In dem Moment entscheidet man sich für die Fähigkeit, sich anzupassen an Veränderungen der Umgebung und Erwartungen. Und wenn etwas antifragil ist, wird es durch Widerstände stärker, das ist mehr als Resilienz. Feine Sache, das.
Erkenntnisgewinn: Kanban hat viel mit Kultur zu tun, mit Veränderungsmanagement sowie psychologischen und soziologischen Gründen für Widerstand von Menschen und Organisationen gegen Veränderung. Stichwort: Kanban-Maturity-Model. Spannend, denn diese Widerstände sind ja gerade der Punkt, an dem sich Erfolg und Misserfolg entscheidet. Fast immer.
Ein großer Teil beschäftigt sich mit der Frage, was man mit Führungskräften tun muss, damit eine kontinuierliche Verbesserungskultur möglich ist und damit die Mitarbeitenden befähigt werden, aus eigener Initiative heraus zu handeln und eigene Entscheidungen im Sinne der Organisation zu treffen. Und ja – auch das Thema Verantwortung kommt vor :-)
Kanban hilft, Priorisierungen direkt vor der Umsetzung zu platzieren. Das verhindert ein „Sich-verlaufen-in-zu-vielen-Parallelarbeiten“. Wirkungsvoll. Schwierig zu erreichen in der Praxis. Es erzwingt gewissermaßen implizit ein hohes Maß an Disziplin bei der Entscheidung, was WIRKLICH als nächstes getan wird.
Lesefreundlich: Am Ende von jedem Kapitel gibt es eine übersichtliche Liste von Aufzählungspunkten, die das Kapitel zusammenfasst.
Nicht so toll: Im Stichwortverzeichnis finde ich nicht alles, was ich suche (den Begriff „Festigungspraktiken“, durchaus ein Wort, bei dem ich mir mehr Kontext wünsche). So semi. Immerhin gibt es dieses Stichwortverzeichnis und auch ein Literaturverzeichnis, was ich grundsätzlich schätze.
Was mich irgendwann etwas nervte, sind die vielen Verweise auf andere Bücher (einer Reihe zu Kanban). Das kann man ja zentral mal irgendwo platzieren. Hier hätte ich mir einfach gewünscht, direkt auf den Punkt zu kommen – und dann evtl. am Ende des Kapitels in der Zusammenfassung auf die weiterführenden Quellen / Literatur hinzuweisen. Auch die Formulierung einer Fußnote finde ich etwas .. naja umständlich: „Eine Version dieses Kapitels erschien zuerst als Anhang im Buch ‚Fit for Purpose‘.“ Too much information!
Spannend dagegen, dass ich wieder daran erinnert wurde, dass die Art und Weise, wie Kanban in einer Organisation implementiert ist, den Reifegrad sehr gut widerspiegelt. Hier spielen Schlagwörter wie „Geschäftsverhalten“, Führung, Risikomanagement, Organisationskultur … ihre Rollen. Am Ende kann man an Geschäftsergebnissen erkennen, wie sie mit den Kanban-Reifegraden korrelieren.
Fazit: Gut für Erfahrene; vielleicht etwas zu wenig Grundlagen für Neulinge
Themen
- Definition und erste Schritte
- Widerstände beseitigen
- Flow-System
- Service Delivery Manager
- Tiefergehende Hintergründe
- Kodifizierung der Methode
- Maturity Model
- Leadership-Fahrplan
- Kleiner werdende Timebox und ihre Tyrannei
- Autonomes, agiles Abhängigkeitsmanagement
- Kanban und Führung
David J. Anderson: „Kanban. Der evolutionäre Weg zu agilen Organisationen“. dpunkt 2024. 36,90 EUR. ISBN 978-3-86490-986-3.
Maria