Das Arroganzprinzip
Der Autor erklärt überaus unterhaltsam, wo sich die Sprachwelten von Frauen und Männern unterscheiden. Und zwar weit über die verbale Dimension hinaus. Das hat mir nicht nur die eine oder andere Erleuchtung im Umgang mit Männern beschert, sondern auch mit Frauen – denn deren Haltung ist natürlich auch Teil des Buchs. Übliche Kommunikationsstrategien sind anhand von Begebenheiten dargestellt und dadurch wirklich sehr einleuchtend beschrieben.
Kernaussage des Autors: Männer und Frauen kommunizieren sehr unterschiedlich, was sich auch anhand typischer Umgangsformen in der Kindheit erkennen lässt. Wer kennt nich die Fußball- oder Indianerspiele, bei denen einer der Jungs die Gruppe führt? Und Mädchen legen mehr Wert auf Kooperation und beziehen möglichst alle mit ein. Soziale Ader halt (bitte nicht einzelne Gegenbeispiele ausdenken jetzt, es geht um Tendenzen). So kommen zwei Sprachwelten zustande. Übrigens gibt es einprägsame Missverständnisse durch Personen aus verschiedene Sprachwelten auch anderswo, z. B. im ICE: „Sandwich with Ei.“ – „With eye?“ – „Yes, with Ei.“ – …
Der Autor belegt einige seiner pragmatischen Beobachtungen wissenschaftlich. Dazu zieht er die Veröffentlichungen der amerikanischen Soziolinguistin Deborah Tannen hinzu: „The Power of Talk: Who Gets Heard and Why„. Hier zeigt sich, dass unterschiedliche Geschlechtersprachen (nicht nur im Wirtschaftskontext) offensichtlich auch sprachübergreifend gültig sind, egal ob im Amerikanischen oder im Deutschen. Das hängt u. a. damit zusammen, dass Sprache auch ohne Worte funktioniert – Körpersprache, Gestik, Mimik natürlich – aber auch sowas: Abrupter und scheinbar sinnfreier Wechsel von der intellektuellen Fachdiskussion zum Smalltalk.
Der Autor geht darauf ein, dass in Betrieben heute noch (bzw. wieder) oft davon ausgegangen wird, dass es keine Unterschiede in der Sprache gibt. Wir sind doch alle gleichberechtigt, sehr gut ausgebildet und intellektuell auf dem gleich hohen Sprachniveau. Oder etwa doch nicht? Diesem Irrtum erliegen übrigens nicht nur Männer, sie sind nur häufig in der Mehrheit. Der Autor ist als Mann ein Muttersprachler und erklärt uns die Eigenheiten und fiesen Fallen. Als professionell werte ich, dass Modler Männersprache weder als besser noch als schlechter wertet. Jede Art ist einfach anders. Das macht den Autor besonders glaubwürdig. Er bezeichnet die jeweils anderen einfach als „merkwürdige Leute“. Und es so zu sehen, kann ungemein entlasten. Das nützt vor allem denjenigen von Euch, die schon mal wütend das Büro verlassen haben, weil da nur …. [hier das eigene Lieblingsschimpfwort einfügen] … sitzen, die nix verstehen wollen!
Dazu klug zitiert von Herrn Modler: „Man kann nicht von der Annahme ausgehen, dass die andere Person das meint, was man selbst meinen würde, wenn man dasselbe auf dieselbe Weise sagt.“
Nochmal, bitte genau lesen: Vermeide die Denkfalle, dass Dein Gegenüber dasselbe meint, was Du meinen würdest, wenn Du dieselben Wörter auf dieselbe Weise sagst.
Wichtig und glasklar ist das, was der Autor aus seiner Seminarerfahrung einbringt. Dort kommt der Moment, in dem die Frauen ein Exemplar der Spezies Mann ganz genau ansehen sollen. Mit der Ansage: „Dies ist ein Mann. Es ist keine Frau.“ Und für diejenigen, die den Punkt immer noch nicht verstanden haben: „Auch keine als Mann verkleidete Frau.“ Selbst dann nicht, wenn ich mir das als Frau soooo wünschen würde. Der Typ ist nicht verstockt. Er redet auch nicht nur völlig anders. Er versteht auch anders. Und lebt in einer anderen Welt mit einer ganz eigenen Wahrnehmung dessen, was um ihn herum vor sich geht. So wie das Beispiel Hund und Katz: Wenn beide mit hoch erhobenem Schwanz wackeln, dann hat das schier gegensätzliche Bedeutungen!
Nichtsdestotrotz stellt der Autor heraus, dass gerade Führungskräfte – auch Männer! – gut daran täten, beide Sprachen zu sprechen. Da es (nicht nur im technischen Bereich) allerdings immer noch mehr männlich geprägte Umgebungen gibt, haben die Jungs schlicht nicht nötig, sich darum zu kümmern. Wer’s trotzdem tut, ist selten…
Unnötig und schade der Abzug in der B-Note, da im Buch eine Liste von Prozentwerten in Buchstaben, das auch noch versteckt im Fließtext enthält: „…sechzehn Prozent, … dreiundreißig Prozent, … neununddreißig Prozent, … sechsunddreißig Prozent, … achtundvierzig Prozent, … neunundzwanzig Prozent…“ Pfui. So geht’s: „… 16 %, … 33 %, … 39 %, … 36 %, … 48 %, … 29 %…“ Für die nächste Auflage bitte nur so! Einziger inhaltlicher Kritikpunkt ist, dass die Beispiele natürlich sehr simpel sind und es immer eine Lösung gibt. Allerdings könnte frau andersrum ja auch nicht so schnell daraus lernen.
Apropos Lernen: Seht Euch dazu mal den Film „Die Queen“ an, in dem Helen Mirren der körpersprachlichen Seite der Kommunikation deutlich Ausdruck verleiht. Auch das ein Tipp aus dem Buch.
Fazit: Deutlich, gut für Einsteigerinnen und Fortgeschrittene in Sachen Männersprache – insgesamt überzeugend, phasenweise spannend
Themen
- Territorialverhalten
- Ohne Worte
- Unerwartete Angriffe
- Sprache als Waffe
- Fremde Sprachen
- Rangspiele
- Rivalen, Schauspieler und Erpresser
- Machtsymbole
- Rolle wahren
- Macht
- Wie man in dünner Luft atmet
- Beruflicher Respekt für Frauen von Männern
Peter Modler: „Das Arroganzprinzip. So haben Frauen mehr Erfolg im Beruf“. Fischer 2012. 9,99,- EUR (D) / 10,30 EUR (A). ISBN 978-3-596-18433-0.
Übrigens: Es gibt von Peter Modler jetzt ein Gegenstück zu diesem Buch, und zwar „Die Königsstrategie. So meistern Männer berufliche Krisen“.
Klingt auch interessant.
(Einige Wochen später…) Das ist genauso lesenswert, ich hab’s mir ebenfalls besorgt und gelesen. Auch nett zum Verschenken ;-)
Maria