SEACON 2012: Diesmal mit Experteninterview exklusiv für die Zeitung. Zuerst mal die Akronymklärung: „SEACON“ steht für Software Engineering + Architektur Conference. (Holger Koschek erzählt, dass FISH-CON als Name auch mal im Gespräch war, sich dann aber doch nicht durchgesetzt hat…)
Nachdem ich die Ehre und Gelegenheit erhalten hatte, den gesamten Fachbeirat mal ausgiebig zu befragen, musste ich mir erst mal überlegen, was Ihr, liebe Leser/innen, denn wissen wollen könntet.
Da saß ich also nun mit den Jungs zusammen in der Lounge und ordnete die Handvoll Fragen, die ich mir zu Hause schon bereit gelegt hatte. Das war gut so, denn wie gewohnt setzte bei mir das 1.-Tag-Konferenz-Lampenfieber ein (wie auch jedesmal bei der IF, seufz) und mir fiel spontan gar nix ein.
Aber der Reihe nach. Wer oder was ist eigentlich der Fachbeirat? Was: Zusammensetzung von Leuten, die für eine Konferenz die fachliche Beratung übernehmen, vor allem bei der Auswahl der Beiträge. Wer? Der SEACON-Fachbeirat besteht aus einer Expertin und vier Experten: Jochen Meyer (Zühlke, 2. von links), Henning Wolf (it-agile, 3. von links), Holger Koschek (Holisticon, 3. von rechts), Bernd Oestereich (oose, 2. von rechts) und Dr. Carola Lilienthal (C1 WPS, nicht auf dem Foto). Dazu kommt für den Veranstalter SIGS DATACOM noch Viktor Paland (Foto ganz links).
Und hier die Fragen, Antworten, Geschichten, Schlagwörter…
Wie ist die Idee entstanden?
Die Fachbeiratler kennen sich teilweise schon sehr lang. Sie treffen sich auf Konferenzen, netzwerken und laufen sich immer wieder über den Weg. Klar interessieren sie sich dafür, was die anderen umtreibt. Sie finden ähnliche Themen spannend und schätzen den Austausch. (Das ist bei der IF ja ganz ähnlich, findet Ihr nicht…?)
Die Idee – entstanden auf einer SET in der Schweiz – war also, selbst eine Konferenz auf die Beine zu stellen. Eine Konferenz, wie sie sein sollte. Cool, mit offenen und interaktiven Veranstaltungsformaten, eben kein Ableger der OOP im Süden. Das Ganze sollte im Norden angesiedelt sein, weil da vorher Konferenzdiaspora war – und weil die Jungs selbst aus dem Norden kommen. Aber:“Nur Norden reicht nicht!“ Also Nägel mit Köppen machen… das dauerte dann rund 2 Jahre: Konzept entwickeln, Veranstalter finden, Inhalte, Formate und Organisatorisches festtackern. So entstand die erste SEACON 2009 in Hamburg. Am Anfang hieß es noch buzzword-freie Konferenz. Das ist inzwischen anders. Teils darum, weil die Konferenz mittlerweile Trends setzt, z. B. was Agilität angeht.
Wieviele Leute sind 2012 auf der SEACON?
Über 60 Sprecherinnen und Sprecher teilten ihre Fachkenntnisse mit knapp 190 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Wobei die Grenzen natürlich schwammig sind – welcher Sprecher lässt sich schon entgehen, auch bei über den Tellerrand zu gucken und bei den anderen zu spinxen?
Wo sind die Frauen?
Die gute Nachricht zuerst: Im Laufe der Zeit sind es mehr geworden. Die Frauen, die Beiträge einreichen, tragen auch alle vor (nicht wegen einer Frauenquote, sondern weil die Beiträge qualitativ gut sind). Es gibt zwar keine bewusste Förderung des Frauenanteils, aber Bernd Oestereich griff den Impuls sofort auf und möchte es in die Vorbereitung zur nächsten SEACON einfließen lassen. Dr. Carola Lilienthal dagegen ist skeptisch, ob z. B. Kinderbetreuungsangebote den Frauenanteil erhöhen könnte (sie ist selbst Mutter). Nach der Verlosung von Tickets für die Konferenz in der Zeitung habe ich auch mal nachgefragt, wer da gewonnen hat: 3 Frauen. Na, das Interesse scheint ja da zu sein (… und bitte keine voreiligen Schlüsse ziehen, die Zeitung hat – in einer nichtsignifikanten Stichprobe erhoben – einen Männergewinnspielanteil von immerhin 14, 29 % *g*).
Wie wäre es mit einem Studierenden-Part für die Konferenz?
Da ist nichts geplant. Da die Zielgruppe sich aus Praxiserfahrenen zusammensetzt, ist das für die Veranstalter (und auch für die Aussteller) nicht interessant. Da waren sich die Jungs alle einig. Dr. Carola Lilienthal, die auch als Dozentin lehrt, hat das dann noch relativiert. Wenn sich Studis interessieren, können sie sich durchaus an sie wenden. Scheinbar ist das Interesse dort allerdings nicht sehr ausgeprägt. Immerhin fehlt den meisten Studis mittlerweile viel von der Praxiserfahrung, die in den Neunzigern durchaus noch durch ausgiebige einschlägige Nebenjobs quasi ganz selbstverständlich Teil des Studiums war. Student volunteers wurden früher auch schon mal eingeladen. Also, Studis, es gibt noch Hoffnung :)
Wie werden neue Ideen für die Zukunft der Konferenz erzeugt, ausgewählt und umgesetzt?
Ganz konventionell: Feedback, Vorschläge und Ideen werden gesammelt, dann setzt sich der Fachbeirat zusammen und sichtet das alles. Das Format der Pecha Kucha wurde 2012 zum ersten Mal auch auf der OOP präsentiert. Da hat die Idee von Norden nach Süden ausgestrahlt.
Wie finden Sie die hochrangigen Experten für die Vorträge und interaktiven Veranstaltungen?
Viele kommen aus dem Netzwerk der Fachbeiratsmitglieder, gute Vortragende finden sich quasi „von selbst“. Bleibt die Frage, wie man mal andere Leute finden kann, die (noch) nicht sowieso schon im Netzwerk bekannt und darin verwoben sind. Dafür findet auch eine aktive Recherche statt. Attraktiv für die Experten ist die große Freiheit auf der Konferenz, hauptsächlich was die Formate betrifft. Das spiegelt sich ja auch im Call for Papers wider. Für die Beitragseinreichung wird u. a. ein Elevator Pitch vorausgesetzt.
Was ist Ihr persönliches Ziel bei der SEACON und was möchten Sie sonst noch gern mit den Zeitungsleser/innen teilen?
Oh, da wurde es lebhaft. Hier die O-Töne, die ich mitgenommen habe:
„Das Format erfolgreich weiter ausbauen.“
„Ich habe kein Ziel. Mit der Community in Kontakt treten, mitgestalten. – Das mit den Frauen, dem gehen wir mal nach… Das mein ich ernst!“
„Ich habe keinen eigenen Vortrag dieses Jahr, und kann so den Rahmen besser wahrnehmen. Das gefällt mir sehr. Da kann ich die Sicht der Teilnehmer besser beobachten.“
„Noch mehr mitmachen. Mir ist klar, dass das schwierig ist. Vor allem können die Teilnehmer das ihren Chefs bei der Genehmigung der Konferenzteilnahme schlechter plausibel machen.“
„Was sind Erfolgsfaktoren für eine neue, eine gute Konferenz? Was ist der richtige Themenmix? Nicht nur für Projekte, sondern was in Unternehmen gerade gefordert ist. Gleichzeitig die Treiber für neue Dinge identifizieren: Wo kann man Akzente setzen? Eigentlich ist es ja ein guter Ansatz für die Weiterbildung und Motivation: 2 Tage Konferenz gegenüber 200 Tgen Alltag.“
“ Die SEACON soll wachsen!“
„Mein persönliches Ziel, ist aus dem Arbeitsumfeld auch mal heraus zu kommen, mit treiben lassen, mich inspirieren lassen. Den Gedanken freien Lauf lassen.“
„Mein Ziel ist, eine Balance zu finden zwischen neuen, anderen Formaten und Themen auf der einen Seite und gleichzeitig dem praktischen Nutzen und der wirtschaftlichen Verantwortung auf der anderen Seite.“
„Eine große Bandbreite ist Chance und Risiko zugleich. Chance: Bandbreite macht das Ganze interessant. Risiko: zuviel Drumherum und zuwenig von dem, was eigentlich zählt.“
„Für mich stellt sich die Frage: Warum kommen Leute NICHT zur SEACON? Interessant wäre das Feedback derjenigen, die nicht kommen. Es ist schwierig zu erfahren, was den Leuten fehlt. Für so ein Feedback nimmt sich niemand Zeit. Eine Antwort auf eine Frage zu bekommen, ist schon viel. Mehr Fragen haben keine Chance.“
„Open Space ist sehr gut, weil das die Themen der Teilnehmenden abdeckt, an die vorher niemand gedacht hat.“
„Am Hamburger Standort etwas machen, hat sich für mich bewährt. Alte und neue Kontakte, Networking…“
Konferenz: www.sea-con.de
Maria