Federn
Schon das Titelbild ist so außergewöhnlich, dass es Lust auf die Lektüre macht.
Ein beeindruckender großformatiger Prachtband: Die Feder multifunktional. Schutzschild, Sonnenschirm, Regenmantel, Wärmedecke, Flugmechanik, Tarnkappe, Kommunikationsmittel. Hier ist selbst der Truthahn wunderhübsch (naja, sein Federkleid, Kopf und Kropf sind nicht zu sehen).
Gar nicht mal so viel Text, der jedoch mit sehr vielen Infos, Fakten, umfassend und bunt wie die Federfarben. Sehr vielfältig, beeindruckende Nahaufnahmen. Schön designt bis ins Kleinste: Die Zitat-Anführungszeichen gleichen gleitenden Möwen (im Abendlicht über dem Meer, ich gerate ins Schwärmen…). Am Ende findest sich ein bebildertes Register der gezeigten Vogelarten / Jede Menge Detailinfos im Anhang zu jedem Foto / jeder Feder.
Seit der Mensch zum Himmel schaute, sah er die Vögel, und sie waren schön in ihren Federn, und sie konnten fliegen. Er nicht.
[…] Seine Körperoberfläche, in jungen Jahren glatt, erschien zunehmend faltig, mal heller, mal dunkler. Aber nicht farbenfroh. Wie anders wirkten doch di Vögel. Diese Wesen waren dem Himmel nah […].
Dafür stand die Feder. Sie symbolisierte die Beziehung zu einer außermenschlichen Wirklichkeit, fungierte als Mittlerin zwischen den Welten […].
Ein fantastisches Buch, und auch etwas mystisch. Die große Besonderheit ist, dass man wirklich nur Federn sieht, aber keine Vögel. Und so frage ich mich, wie die Vogelarten denn eigentlich aussehen:
- Argusfasan
- Blau-Seidenkuckuck
- Buntstorch
- Diamantfasan
- Eistaucher
- Gabelracke
- Helmkakadu
- Himalaya-Glanzfasan
- Perlhuhn
- Mähnengans
- Silberfasan
- Sulawesipitta
- uvm. …
Federn aus der ganzen Welt, sowohl geografisch als auch thematisch aus vielen Welten. Wie diese kuriose Anekdote: „Vogelzählung“ in den Straßen von Manhattan 1886 („Hutmacherei war ein mörderisches Geschäft“), daraufhin bewachte ab 1902 der erste Wildhüter die Letzten ihrer Art.
Mein Lieblingszitat aus dem Buch, zu gebrauchen für jeden Lebenslage, stammt von Annette von Droste-Hülshoff:
Es mag mir mitunter schaden, daß ich so starr meinen Weg gehe und nicht die kleinste Pfauenfeder in meinem Krähenpelz leide; aber dennoch wünschte ich dies würde anerkannt.
Hier noch einige erstaunliche Learnings für mich, die meine Begeisterung für das Buch belegen mögen: Der junge afrikanische Strauß trägt sowas wie eine wunderkerzenförmige Feder – spektakulär anzusehen. Zwergflamingo und Fadenkopf bringen zauberhafte, zarte Formen hervor. Und was ich gar nicht wusste: Königspinguine tragen auch kupferfarbene Federkiele am Körper.
Autorenpaar und Fotografieprofis
Das aufgrund ihrer Sichtweise vielfach preisgekrönte Fotografiepaar zeigt Federn aus der ganzen Welt. Die hochpräzisen Fotografien sorgen für eine außergewöhnliche Atmosphäre.
Fazit: Kraft und Poesie; ein Kunstwerk für sich – ornithologische Expertise inklusive
Themen
- Aufbau und Wachstum der Feder
- Material
- Tyndall-Effekt (Farbgebung)
- Farbe und Widerstandsfähigkeit gegen Bakterien
- Farbsehen bei Vögeln (was die Tiere wahrnehmen)
- Plumologie
- Physik und Fluganatomie
- Federmode
- Evolution der Feder
- Mauser
- Reparaturmechanismus
- Federtypen
- Sensorik: Rezeptoren
- Seltenheit & menschliche Gier
- Making of
- Mythologie
- Wissenschafts- und Kulturgeschichte
Heidi und Hans-Jürgen Koch: „Federn. Meisterstücke der Evolution“. Frederking & Thaler 2023. 45,- EUR. ISBN 978-3-95416-393-9.
Maria