„Der ist blöd! Die ist stur!“ Besser kommunizieren, wenn’s schwierig wird

Menschen überzeugen, die Recht haben wollen

CoverGerade war es noch ein harmloses Gespräch – jetzt stecke ich mitten in einem Streit mit zwei Lagern, werde angefeindet oder bekomme eine Salve von Vorwürfen vor die Füße gepackt. Schwierige Themen lauern überall und hitzige Debatten kosten unnütz Energie. Wie entkommen wir Gesprächssackgassen? Warum eskalieren viele Diskussionen so schnell? Dieses Buch stellt Methoden aus der Rhetorik vor, die helfen, sich für solche Situationen zu wappnen. Marie-Theres Brau ist Kommunikationsexpertin und kennt all‘ das aus Verhandlungstrainings und Beratung.

Die studierte Rhetorikerin empfiehlt eine positiven Gesprächskultur statt Schlagfertigkeit (autsch) oder gar Konfliktvermeidung (auch autsch, nur langsamer). Das tut sie so, dass ich das auch noch gern lese: „… geht es nicht darum, anderen mit schlagfertigen Sprüchen zu zeigen, wo der Frosch die Locken hat, sondern darum, ein zugewandtes Gespräch zu führen…“ Nice.

Hier bekomme ich verschiedene Wege zu gelungener Kommunikation erklärt, dazu Hintergrundinfos: Wo, wie und warum rückt eine Einigung in weite Ferne? Was kann ich selbst tun?

Der Schwierigkeitslevel ist recht niedrig: Mit den vorgestellten Techniken und Übungen können auch zunächst konfliktscheue Menschen zu mehr Gesprächskompetenz finden. Als Basis dient das Prinzip der kooperativen Kommunikation. Und das gefällt mir gut :-)

Aufgebaut ist das Buch entlang des Spannungsbogens:

  1. Zuerst: Verständnis erlangen
  2. Dann: Eigene Sicht argumentieren
  3. Schließlich: Angriffe abwehren

 

Viele Beispielsituationen machen die Methoden leicht verständlich. Die lebensnahen Beispiele können auch ganz konkret Argumente oder Handlungsoptionen inspirieren (wie rede ich mit „Verschwörten“ bzw. wie gehe ich mit Leuten um, die meine Faktenquellen nicht anerkennen); das eine oder andere kann man sich da gut abgucken. Besonders bemerkenswert finde ich, dass die Beispiele durchaus kontroverse Themen aufgreifen – ohne Angst, ganz gelassen.

„Alle Techniken sollen in Summe ein Verständnis dafür schaffen, wie Kommunikation funktioniert, und die Freiheit ermöglichen, aus alten hinderlichen Mustern auszubrechen.“ Das klappt bei mir. Die konkreten Beispiele sind alle lebendig, manche auch „heißes Eisen“. Damit geht die Autorin auf eine souveräne Art angenehm offen um. Chapeau!

Was mir neben den fachlich fundierten Kapiteln noch gut gefallen hat, ist das interessante Quellen- und Literaturverzeichnis.

Was mir als einziges nicht so gut gefallen hat, sind die Kästen am Ende von jedem Abschnitt, die ihn nochmal zusammenfassen. Meines Erachtens ist das eher kontraproduktiv – es verleitet dazu, die Texte nicht ganz zu lesen. Und dann kann man leicht einen falschen Eindruck gewinnen und die Techniken manipulativ verdrehen. Mein Tipp für die nächste Auflage: Entweder ganz weglassen oder mit dem prägnantesten Praxisbeispiel anschaulich statt abstrakt in Erinnerung rufen.

Die Autorin des Buchs überzeugt mich: „Selbst mit den schwierigsten Menschen lässt sich in den meisten Fällen – nicht in allen, aber in den meisten – eben doch reden.“

Fazit: Diskutieren lohnt sich! Das Buch auch :-)

Themen

  • Kommunikationspsychologische Hintergründe
  • Eskalationsstufen von Konflikten
  • Argumente nutzen & prüfen
  • Fehlschlüsse entlarven
  • Paraphrase & Perspektivwechsel & Altercasting
  • Verstehen & Gemeinsamkeiten
  • Werte… ganz viel Werte
  • Prolepsis
  • Angriffe abwehren
  • Stimme, Körpersprache, Mimik
  • Emotionsregulation
  • Das sture Gehirn
  • Besonderheiten der Online-Kommunikation

Marie-Theres Brau: „Menschen überzeugen, die Recht haben wolle. 28 kooperative Techniken“. Campus 2023. 24,- EUR. ISBN 978-3-593-51757-5.

Augen-Logo Maria

Eine Antwort auf „„Der ist blöd! Die ist stur!“ Besser kommunizieren, wenn’s schwierig wird“

  1. Die Idee, verschiedene Kommunikationsstile zu verstehen und anzuerkennen, ist absolut zentral. Es ist erfrischend zu sehen, wie ihr betont, dass es nicht nur „richtige“ oder „falsche“ Wege gibt, sondern vielmehr um das Verständnis der Unterschiede in der Kommunikation geht.

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