99 Variationen eines Beweises
Eine Gleichung dritten Grades. 99 Möglichkeiten der Mathematik, sie zu beweisen.
Inspiriert von Stilübungen aus der Literatur, bei denen dasselbe in zahlreichen Variationen erzählt wird, macht sich der Autor auf, eine – mehr oder weniger beliebige – Gleichung immer wieder anders zu beweisen. Das Buch nimmt mit auf eine kreative Reise, auf der sich die Gleichung musikalisch beschreiben, per Origami erfalten und auf Twitter beweisen lässt. Zu jeder Lösungsvariante gehört ein erläuternder Text, der den Lösungsweg einordnet, unterhaltsam erklärt oder einfach kurz beschreibt.
Zielgruppe sind laut Autor: „Leserinnen und Leser, die keine oder kaum Nähe zum Stoff haben“ und hiermit „ein Gefühl für diese stilistischen Unterschiede entwickeln“. Daran glaube ich nun nicht. Wer keine Affinität zu mathematischen Beweisen mitbringt, wird durch die Lektüre kaum Spaß an mathematischem Beweisen entwickeln. Etwas formalen Biss sollte man schon mitbringen. Oder Spaß am Rätsellösen, am Aufdecken von Fällen oder „strukturierte“ Neugier.
Wer sich darauf einlässt, bekommt dafür eine besondere Art der Unterhaltung geboten. Eine Frage, viele Wege. Darunter mechanische, langweilige, störrische… andere überraschend, stilsicher, elegant, schön. Durch unterirdische, gewundene Gänge oder anschaulich und begreifbar mit der besten Aussicht. Abstrakt, anschaulich oder augenscheinlich.
Geschrieben als Puzzle mit 99 Teilen, die man vor und zurück oder wild durcheinander zusammensetzt. Das Buch lädt ein: Durchblättern, vielleicht Querverweisen folgen, bei Interessantem genauer hinschauen, anderes leichten Herzens überspringen.
Fazit: Für Feinschmecker*nnen der Ästhetik der mathematischen Welt der Beweise.
Variationen aus dem Buch (kleine Auswahl)
- Autorität
- Axonometrisch
- Briefwechsel
- Elementar
- „entfällt“
- Flussdiagramm
- Grafisch
- Mit Zirkel und Lineal
- Matrizen
- Mystisch
- Nach Gehör
- Näherungslösung
- Parataxe
- Pi-mal-Daumen
- Probabilistisch
- Rechnergestützt
- Reduction ad Absurdum
- Symmetrie (2x)
- Taschenrechner
- Wortneuschöpfung
- Zeitungsmeldung
Philip Ording: „99 Variationen eines Beweises. Spielarten der Mathematik.“ Hanser 2020. 25,- EUR (D) / 25,70 EUR (A).ISBN 978-3-446-26405-2.
Ein Auslöser für die Entstehung fand das Buch im Jahr 1947 (im Werk „Stilübungen“ von Queneau). Raymond Queneau als Schriftsteller und Hobbymathematiker gründet gemeinsam mit dem Mathematikhistroriker François Le Lionnais eine Schreibgruppe: Oulipo. Auch spannend. Aber das ist eine andere Geschichte…
Maria