Die Kunst, Entwicklungsprozesse zu gestalten
Glaubwürdig, wirksam und flexibel durch Kompetenz: Dies ist ein Buch speziell für Coachs, Prozessbegleiter*innen und Führungskräfte, die Einzelne, Teams und Unternehmen bei Entwicklungsprozessen begleiten. Achtung, ohne entsprechende Vorerfahrung hilft das Lesen nicht! In dieser Hinsicht: Anspruchsvoll. Aber auch lohnend.
Im Buch sind zwar ein paar Methoden und Vorgehensweisen beschrieben (Tools), im Zentrum steht allerdings der Mensch, einmal als solcher und mehr noch in Gruppen in seinem Arbeitskontext. Der Autor erläutert – basierend auf dieser Ausgangslage – Wirkfaktoren jenseits von Methoden: Die eigene Persönlichkeit, die eigene Haltung, das Verständnis von Entwicklungsprozessen, das Erkennen von Prozessdynamik. Mit diesem Wissen gelingt dann der gezielte Einsatz der passenden Methoden.
Das Buch leitet dazu an, sich selbst zu entwickeln und die Fähigkeit der passenden Methodenauswahl zu erlernen. Denn Methoden ohne Menschenkenntnis bringen gaaar nüscht. Eben.
Interessant und typisch für das Buch ist auch der Abschnitt über Feedback. Warum man es nicht ungefragt geben sollte. Und wie man das Gegenüber unterstützen kann, Feedback auch tatsächlich zu bedenken (oder sogar anzunehmen). Auch die Unterscheidung zwischen „Feedback“ und „Lob oder Kritik“ hat mir einige Erkenntnisse beschert.
Oft liest sich das Buch so, als würde man den Autor bei seiner Prozessbegleitertätigkeit begleiten. Und dann wieder, als höre man seinen reflektierenden Selbstgesprächen zu. Vieles dreht sich um verschiedene Varianten des Eisbergmodells: Was bewusst, was „vorbewusst“, was unbewusst ist. Und wie kann man dieses Modell möglichst sinnvoll in Arbeitszusammenhängen einsetzen? Wie und warum gestaltet man ein Warming-Up bei Workshops? Wie setzt man Spielregeln ein? Wann kommen sie ins Spiel? Wo taucht der Auftraggeber im Workshop auf? Sollte er das überhaupt tun?
Ein paar Stellen fand ich etwas nervig, weil ich den Eindruck hatte, es wiederholt sich. Und ein paar Beispiele mehr täten dem Verständnis sicher auch gut.
Folgende Zitatauswahl des Autors gefällt mir dagegen sehr gut – sie bringt auch den Knackpunkt zum Ausdruck: „Zum Erfolg gibt es keine Lift. Man muss die Treppe nehmen.“ (Emil Oesch)
Das Buch ist nur an wenigen Stellen eine konkrete Anleitung, sondern meist Hilfe beim Reflektieren eigener Möglichkeiten. Es inspiriert, es zeigt, wie anspruchsvoll das Aufgabenfeld Coaching und Prozessbegleitung ist. Es verlangt Verantwortungsbewusstsein, Selbstkenntnis und Bescheidenheit (sich selbst zurücknehmen).
Und auch Führungskräfte sind gefragt, die hier einiges lernen können – wenn sie es denn ernst meinen mit ihrer Führungsverantwortung. Zum Beispiel dies: “ […] nichts überzeugt Menschen mehr, als zeitnah zu erleben, dass sich Engagement und Aufwand lohnen.“ (Klingt erst mal einfach, aber dreht den Satz mal um… so sieht es leider immer noch oft in der Praxis aus.)
Fazit: Für Fortgeschrittene
Themen
- Wirkfaktoren
- Rollen: Definition und Umsetzung
- Haltung und Persönlichkeit
- Feedback, Lob, Kritik
- Emotionen als Schlüssel für Veränderung
- Einfluss
- Auftrag
- Flurfunk
- Energie
- Engagement
- Entwicklung
- Heikle Situationen
Hier findet man noch Infos zur Ausbildung, auf die das Buch verweist: www.coaching-fortbildung.de
Hans-Georg Huber: „Die Kunst, Entwicklungsprozesse zu gestalten. Erfolgsfaktoren in Coaching, Führung und Prozessbegleitung“. managerSeminare 2018. 49,90 EUR. ISBN 978-3-95891-037-9.
Maria