Dr. habil. Barbara Paech

Interview


Interview mit Dr. habil. Barbara Paech, Fraunhofer Institute for Experimental Software Engineering (Fhg IESE), Kaiserslautern.


Sie hielt am 5.9.2000 in der Ringvorlesung den Vortrag zur »Schrittweisen Verbesserung von Requirement Engineering Prozessen«


ifz: Sie nehmen bereits zum dritten Mal an der informatica feminale teil. Ist es nach wie vor etwas Besonderes, hier einen Vortrag zu halten?


BP: Es ist diesmal anders, da ich die letzten Male ein längeres Projekt gemacht habe. Jetzt ist es einfach schön, ein ganzes Auditorium nur mit Frauen zu haben. So viele Frauen hat frau sonst selten um sich in der Informatik. In dem Vortrag habe ich versucht, auch ein bischen mehr von mir zu erzählen. Das kann ich hier anders machen, als im Arbeits­alltag.


ifz: Haben Sie am Fraunhofer Institut viele Frauen in der Arbeitsgruppe?


BP: In meiner Abteilung ist nur noch eine andere Wissenschaftlerin. Insgesamt sind wir acht Leute und die Sekretärin. Am Institut haben wir – verglichen mit anderen Firmen – einen guten Prozentsatz von ca. 20% Frauen. Das kenne ich auch aus dem Studium. 20% ist für mich eine Untergrenze.


ifz: Sie haben erzählt, dass Sie sich mit Frauenprojekten beschäftigen.


BP: Ich muß gestehen, dass ich zur Zeit etwas weniger dabei bin. Das war anders, als ich noch an der Uni war. Dort war ich bis vor zwei Jahren auch als Frauenbeauftragte tätig. Ich habe mich früher auch mehr in der "Gesellschaft für Informatik" in der Fachgruppe "Frauenarbeit und Informatik" engagiert.


Der Austausch mit anderen Fachfrauen ist sehr schön und die Fachgruppe bietet auch die Möglichkeit, Dinge zu gestalten, wie zum Beispiel Einführungen für Schülerinnen. Während des Studiums hat mich dieses Thema kaum beschäftigt. Das kam dann erst durch die Berufstätigkeit und durch die Kinder.


ifz: Wie schaffen Sie das mit Kindern und Berufstätigkeit?


BP: Da habe ich einfach Glück, weil ich einen Mann habe, der sich auch beteiligt. Wir haben uns den Erziehungsurlaub geteilt. Er ist genau wie ich ein halbes Jahr zu Hause geblieben, und danach sind wir beide auf Teilzeit gegangen.


ifz: Arbeiten Frauen in der Informatik anders als Männer?


BP: Ich glaube nicht, dass das an der Informatik liegt. Frauen haben oft ein anderes Kommunikationsverhalten und eine andere Wahrnehmung. Daher setzen sie auch die Schwerpunkte anders innerhalb der Informatik. Das gilt auch für die Themen meines Vortrags, Requirements Engineering und Softwareprozesse. Frauen arbeiten oft lieber menschenbezogen als viele Männer.


ifz: Ist es so, dass sich Frauen und Männer diese Welt und die Aufgaben teilen können?


BP:Was heißt aufteilen. Ich finde es eigentlich besser, wenn sie voneinander lernen. Auch die Tatsache, dass wir als Frauen Dinge anders sehen und uns anders verhalten oder eben Schwerpunkte anders setzen, ist stark historisch bedingt. Das muss nicht unbedingt angeboren sein. Für mich ist nicht eine Teilung erstrebenswert, sondern das voneinander lernen.


ifz: Fördern Sie Frauen bei Ihrer Arbeit?


BP: Ich fördere sie dadurch, dass ich sie bestätige. Sie erzählen mir zum Beispiel von Projekterfahrungen, wo sie das so und die Kollegen es anders gesehen haben.


Dann bestätige ich sie dadurch, dass mir das oft genauso gegangen ist. Ich hoffe, dass es ihr Selbstvertrauen fördert. Ich fördere sie nicht, indem ich sie vorziehe.


ifz: Was raten Sie Studentinnen? Praxis oder Wissenschaft?


BP: Das ist schwierig. Ich halte Praxisbezug für sehr wichtig. Eigentlich würde ich empfehlen, dass frau nach dem Studium erst in die Praxis geht und sich dann vielleicht für die Wissenschaft entscheidet. Ich habe es aber auch nicht so gemacht. Ich war lang an der Uni und bin erst jetzt näher an die Praxis gekommen. Grundsätzlich denke ich, sollten Frauen beständig prüfen, ob sie in einer Umgebung arbeiten wo sie sich wohl fühlen und ihre Qualitäten einbringen können.


Was ich gerade bei vielen Frauen an den Universitäten erlebe und was ich schade finde, ist dass sie oft in einer Nische arbeiten: zum Beispiel bei einem Professor, der bald emeritiert wird. Das heisst sie haben niemanden, der sie noch weiter fördern kann, gerade auch nach einer Promotion. Frauen sind da oft ungeschickt und trauen sich nicht, berechtigte Forderungen zu stellen. Sie nehmen häufig Bedingungen auf sich, die ihre männlichen Kollegen so nie akzeptieren würden.


ifz: Wie sind Sie zur Informatik gekommen?


BP: 1978 habe ich angefangen. Das ist schon lange her. Damals hat das Arbeitsamt mir das empfohlen, da ich in Mathematik gut war. Ich hatte nie vorher etwas von Computern gehört, aber ich war neugierig darauf.


Ich hatte während des ganzen Studiums eigentlich keine Vorstellung gehabt, wie die Praxis aussieht. Ich habe immer für mich überprüft, ob mir die Situation gefällt oder nicht. Wenn es mir nicht mehr gefallen hat, habe ich mir ein neues Thema gesucht. Auch nach der Promotion habe ich mir ein ganz anderes Thema für die Habilitation gesucht.


Meine männlichen Kollegen haben meistens im selben Bereich promoviert und habilitiert. Ich habe vorher theoretische Informatik gemacht (temporale Logik) und habe dann festgestellt, dass mir dort der Praxisbezug fehlt. Ich hatte dann das Glück, eine Übergangsstelle zu finden, in der es um formale Methoden in der Praxis ging.


ifz: Haben sie Mentoren gehabt? Wie haben Sie sie gefunden?


BP: Ich habe sie in einem bestimmten Rahmen gehabt. Mit dem Professor, bei dem ich promoviert habe, habe ich beispielsweise gar keinen Kontakt mehr. Aber ich habe auch das Fachgebiet gewechselt. Ich habe mir die Personen, mit denen ich gearbeietet habe, nicht gezielt unter dem Mentorengesichtspunkt ausgesucht. Das war häufig Zufall. Während meiner Promotion, wo ich kaum Frauen um mich hatte, habe ich mir dagegen meine Unterstütztungs gezielt in der Fachgruppe geholt. Das war sehr wichtig.


ifz: Vielen Dank.




Dr. habil. Barbara Paech



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