Thank God it’s Monday!
Alle träumen von Arbeit, die Spaß macht und sinnvoll ist. Dark Horse Innovation ist eine Agentur, die Leute um die 30 gemeinsam gegründet haben. Alle sind „Chef“. Also alle 30. Das geht nicht? Das geht, und hier steht geschrieben, wie es gehen kann.
In der Berliner Agentur für Innovationsentwicklung setzen sie konsequent auf Selbstentfaltung und kooperative Zusammenarbeit, Flexibilität und Digitalisierung.
Das Buch und die Praxis bei Dark Horse zeigen, wie man die eigene Arbeitskultur schrittweise ändern könnte und welche Chancen für alle im Wandel stecken. Das Buch zeigt Möglichkeiten und will ermutigen, sich vom traditionellen Arbeitssystem zu lösen und auf eine neue Arbeitswelt einzulassen. Es zeigt Arbeitgebern und ihren Personalabteilungen, dass sie die Ansprüche der Generation Y nicht fürchten müssen, sondern dass und wie sie davon profitieren können.
Die 30 haben sich in Potsdam in der Hasso-Plattner-School of Design Thinking (oder d.school) kennengelernt.
Beim Lesen merkt man, wie ein frischer Wind durch die Absätze weht – jung, enthusiastisch, optimistisch. Und gleichzeitig bodenständig und realistisch. Leider sind viele Abschnitte und Kapitel zu lang. Zuviel Text, der vom Wesentlichen ablenkt und immer wieder dieselben Punkte mit andern Worten aufgreift – was in einem gewissen Rahmen ja auch gut ist; hier ist es eben manchmal zu ausufernd. Da wird der frische Stil irgendwann anstrengend und geschwätzig. Denn die Kernaussagen muss man sich selbst mühsam aus vielen – manchmal zu sehr auf Spracheffekte zielende – Abschnitten herauspulen. Was nichts daran ändert, dass der Kern durchaus spannend und überzeugend ist!
Es steht jedem frei, im Detail zu entscheiden, wieviel und wann er oder sie sich einbringt. Im Gegensatz zu vielen andern Arbeitsplätzen gelten hier Projekte und Erfahrungen außerhalb des Unternehmens als wertvoll und werden begrüßt, denn dadurch vergrößert sich am Ende auch der interne Erfahrungspool. Das Unternehmen wird so flexibler und breiter aufgestellt, um auf die Komplexität der Anforderungen reagieren zu können.
Rotation
Automatisch sich auszeichnende und organisch verstärkte Strukturen wird nach den ersten negativen Erfahrungen bewusst entgegengewirkt. Denn es gab nach einiger Zeit zuviel, was nur von Einzelnen beherrscht wurde – was einerseits ein Unternehmensrisiko darstellt, andererseits die Entwicklungsmöglichkeiten Einzelner einschränkt. Einzelne können dann nicht mehr Neues lernen bzw. werden durch Routineaufgaben von der eigenen Weiterentwicklung abgehalten. Gegenmaßnahme und Lösung des Dilemmas ist für Dark Horse das Rotationsprinzip.
Das Rotationsprinzip für wiederkehrende Aufgaben findet auf zwei Ebenen statt: Auf der Ebene der entscheidenden, größeren Aufgaben und auf der Ebene lästiger, kleiner Aufgaben. Um auf der „Großaufgabenebene“ Expertise-Monopole vermeiden, werden neue Teams immer so zusammengestellt, dass es aus vielen Unerfahrenen plus einem (oder wenigen) Erfahrenen besteht.
Konkret sieht das so aus, dass die Dark-Horse-Leute einmal jährlich die größeren Aufgaben verteilen. Größere Aufgaben sind z. B. Kontakt zum Steuerberater halten, IT-Infrastruktur betreuen, Sommerfest organisieren… Wer so eine Aufgabe übernimmt, tut das für ein Jahr (nicht länger). Dann gibt es noch die kleineren Aufgaben, z. B. Spülmaschine bedienen, Anrufbeantworter abhören, Briefkasten leeren, interne Treffen organisieren und protokollieren… Diese Aufgaben, die wenig spannend sind, werden ebenfalls verteilt. Das damit beauftragte wechselnde Serviceteam (bei Dark Horse bestehend aus 2 Leuten) übernimmt die lästigen Kleinigkeiten für einen Monat.
Das Rotationsprinzip sorgt dafür, dass Jede*r mal Unangenehmes übernimmt, es trägt aber auch dazu bei, dass die Aufgaben mehr wertgeschätzt werden und die Ausführenden mehr Rücksicht und Verständnis erleben. Es bewirkt (insbesondere für die Kleinigkeiten), dass Andere nicht auf das Serviceteam herabblicken, sondern dass die Anderen hinter dem Serviceteam stehen. Denn jeder kennt ja die Schwierigkeiten, die mit den kleinen Aufgaben einher gehen.
Entscheiden
Das Team entscheidet nach dem Konsent-Prinzip (geringsten Widerstand anstreben) statt nach dem Konsens-Prinzip (Mehrheit bzw. Einstimmigkeit anstreben). Anfangs war das gewöhnungsbedürftig, diskussionsgeladen und schwierig. Deswegen gab es schnell einen „Soziokratieberater“, der das Team unterstützte, bis die Soziokratie nach etwas Übung vom Team selbst angewendet werden konnte, mittlerweile nur noch ein bisschen abgefedert durch wechselnde Moderation, die jeweils ein Teammitglied übernimmt, das sich inhaltlich neutral raushält.
Feedback und Problemlösen
Dark-Horse-Innovation nutzt fünf Kategorien für tägliches Feedback, das sie z. B. beim Tagesabschluss in Seminaren oder Workshops einsetzen. Die Teilnehmer*inen notieren auf einem Feedbackbogen :
- Was war für mich das schwierigste Problem heute?
- Was war heute die größte Überraschung?
- Was war der beste Fehler?
- Was war Dein Highlight?
- Was ist das „Zitat des Tages“?
Zum Thema Problemlösen soll übrigens Einstein einmal gesagt haben, dass er bei einem lebensbedrohlichen Problem 5 Minuten über die Lösung nachdenkt. Wenn er für dessen Lösung er 60 Min Zeit hätte. Er würde also 55 Minuten über das Problem nachdenken und 5 Minuten über die Lösung. Hat was.
Fazit: Wirklich interessant; bin gespannt, wie’s weitergeht
Dark Horse Innovation: „Thank God it’s Monday! Damit Arbeit nicht der blöde Teil des Lebens ist. Wie wir die Arbeitswelt revolutionieren“. ECON 2014. 16,99 EUR (D) / 17,50 EUR (A). ISBN 978-3-430-20171-1
Maria